Fächerauswahl
Mit den nachstehenden Links möchten wir Sie informieren, welche Unterrichtsinhalte in den unterschiedlichen Fächern und fachübergreifenden Lernfeldern in unserem Kolleg thematisiert werden.
Fachschaft Mathematik
Die Fachschaft Mathematik stellt ihr Fach vor
Vermutlich hat kaum ein Schulfach ein solch schlechtes Image wie die Mathematik. Wer öffentlich zugibt „In Mathe war ich immer schlecht“, wird sofort beifälliges Nicken und Verständnis ernten. 1 Und seien wir ehrlich: Wie viel Mathematik braucht man denn tatsächlich, um im Alltag zu bestehen und ein erfolgreiches Leben zu führen?
Diese unbequemen Überlegungen stehen ein wenig im Widerspruch zu dem Status, den man der Mathematik gemeinhin zuweist. Sie zählt zu den Kernfächern und wird in allen Jahrgangsstufen in allen Schulformen gelehrt – natürlich auch am Weiterbildungskolleg Siegen. Aber wozu eigentlich? Wofür brauchen wir das denn überhaupt? Eine Antwort im Sinne von „Das brauchen wir für das Zentralabitur“ kann ja nicht die ganze Lösung sein.
Die Frage, welchen Beitrag die Mathematik als Unterrichtsfach an einer allgemeinbildenden Schule leistet (und was der Mensch letztendlich davon hat), lässt sich auf dreierlei Weise beantworten. 2 Ich möchte diese Gedanken mit einfachen Beispielen veranschaulichen.
Beispiel 1
In einem Computerladen entdecken wir folgendes Angebot für einen Laptop:
Preis (Netto): 420,00€ , Mehrwertsteuer (19%): 79,80€, Gesamtpreis: 499,80€
Der Laden gewährt einen Rabatt von 10%, da es ein Ausstellungsstück ist. Der Verkäufer hat noch eine Idee: „Das machen wir anders. Wir nehmen zuerst den Rabatt und rechnen erst danach die Mehrwertsteuer drauf, okay?“ Was soll man davon halten?
Mit Hilfe eines Taschenrechners lässt sich bestätigen, dass in beiden Fällen ein Endpreis von 449,82€ herauskommt. Das heißt, der Verkäufer wollte uns nicht übers Ohr hauen, und wir sind beruhigt. Oder wir setzen die Brille des Mathematikers auf und schauen mal etwas genauer, was da eigentlich passiert.
Auf einen Preis die 19% Mehrwertsteuer draufzurechnen, bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass wir den Preis mit dem Faktor 1,19 multiplizieren.
Und ein Rabatt von 10% entspricht einer Multiplikation mit 0,9 als Faktor, denn 100% – 10% = 90%.
Das bedeutet:
Originalangebot: Endpreis = Grundpreis • 1,19 • 0,9
Alternativangebot: Endpreis = Grundpreis • 0,9 • 1,19
Daran kann man erkennen, dass es kein Zufall ist, sondern dass immer der gleiche Endpreis herauskommen muss. Bei einer Multiplikation spielt die Reihenfolge nämlich keine Rolle.
Diese Tatsache nennt der Mathematiker Kommutativgesetz und sagt kurz: a • b = b • a. Das heißt, die Mathematik bestätigt nicht nur, dass das gleiche Ergebnis herauskommt. Wir können sogar erklären, warum. Im Hinblick auf unsere Ausgangsfrage können wir festhalten:
Antwort 1: Mit Hilfe der Mathematik lassen sich sowohl einfache Alltagssituationen als auch komplexe Problemstellungen aus Wirtschaft, Naturwissenschaft und Technik beschreiben, verstehen und bewältigen.
Hier zeigen sich der Anwendungsbezug und der Werkzeugcharakter der Mathematik. Viele andere Wissenschaften sehen sie als nützliche „Hilfswissenschaft“. Und einige Teildisziplinen sind ihrerseits aus Anwendungen heraus entstanden. 3
Beispiel 2
Die Goldbachsche Vermutung 4 besagt:
Jede gerade Zahl größer als 2 lässt sich als Summe von zwei Primzahlen darstellen.
Bis jetzt konnte diese Vermutung nur an Beispielen bestätigt werden (z.B. 26 = 19+7 oder auch 10 = 5+5). Vollständig bewiesen ist sie noch nicht. Welchen praktischen Nutzen hätte diese Erkenntnis denn? Gar keinen. Muss man so etwas wissen, um das Abitur zu bestehen? Natürlich nicht. Aber spannend ist das schon irgendwie, oder? Denn:
Antwort 2: Die Mathematik stellt in sich selbst eine wertvolle geistige Schöpfung dar – eine eigenständige, logisch aufgebaute Welt, in der es interessante Erkenntnisse zu gewinnen und sogar noch unerforschte Gebiete und ungelöste Probleme zu entdecken gibt.
Man beachte, dass die Mathematik keine Naturwissenschaft ist, sondern eine Strukturwissenschaft, mit der sich die Menschheit schon seit mehreren 1000 Jahren befasst. Damit stellt sie ein relevantes Kulturgut dar, in das ein allgemein gebildeter Mensch einen gewissen Einblick haben sollte, auch wenn die Inhalte nicht immer einen unmittelbaren Lebensbezug haben. Das Gleiche gilt ja auch für Shakespeare oder Schiller.
Beispiel 3:
Ein Mathematikerwitz: Wie fängt ein Mathematiker einen Löwen? Ganz einfach. Er baut einen Zaun um sich selbst herum und definiert „Ich bin draußen“.
Die mathematischen Denkweisen sind für Normalsterbliche oft nicht ganz einfach nachzuvollziehen. Aber:
Antwort 3: Durch die Beschäftigung mit Mathematik erwirbt und entwickelt der Mensch allgemeine Fähigkeiten, die ihm über das Fach hinaus nützlich sein können.
Dazu gehören Kompetenzen wie logisches Denken, räumliches Vorstellungsvermögen und Problemlösefähigkeiten. Wer ein Problem strukturieren kann, wird es effektiver lösen. Wer weiß, wie man einen mathematischen Beweis führt, kann Fehlschlüsse in politischen Reden aufdecken oder juristische Argumentationen nachvollziehen. Mathematisch zu denken heißt nicht bloß rechnen, sondern Dinge zu hinterfragen und verstehen zu wollen. Das trainiert nicht nur das Gehirn, das macht im Idealfall sogar Spaß.
Schlussbemerkung
Im Sinne einer korrekten mathematischen Beweisführung reichen die oben aufgeführten Beispiele natürlich nicht aus, um die Bedeutung der Mathematik angemessen und vollständig zu klären. Ich hoffe aber, dass sie dabei helfen konnten, unser Fach ein wenig besser zu verstehen. Wir von der Fachschaft Mathematik freuen uns jedenfalls über den Beitrag, den wir für die Weiterbildung unserer Studierenden leisten können.
Ulrich Bauer
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1 Als amüsante, aber hochinteressante Lektüre zu diesem Thema empfehle ich das gleichnamige Buch von Albrecht Beutelspacher: „In Mathe war ich immer schlecht…“, Vieweg 1996.
2 Das Konzept basiert auf H. Winter; vgl. dazu Danckwerts, Rainer: „Was ist am Mathematikunterricht allgemeinbildend?“, in: Uni Siegen aktuell 1 – 97, S.19-21. 1997.
3 Ein Beispiel ist die Kryptologie als Untergebiet der mathematischen Zahlentheorie, die sich u.a. mit Verschlüsselungen und Datensicherheit befasst.
4 http://de.wikipedia.org/wiki/Goldbachsche_Vermutung
Fachschaft Geographie
Geographie oder Erdkunde …
Wie heißt es denn nun richtig? Geographie klingt etwas wissenschaftlicher, von der eigentlichen Wortbedeutung ist es die Beschreibung der Erde. Erdkunde dagegen klingt etwas einfacher, doch steckt hier im Wortstamm das Erkunden drin, womit es mehr die intensive Auseinandersetzung mit der Erde – unserer Erde – in den Fokus rückt. Jede und jeder von uns hat vermutlich eine klare, eigene Präferenz für einen den beiden Begriffe und wir hoffen, Sie entwickeln Ihre ganz eigene während Ihrer Unterrichtserfahrungen bei uns am WBK Siegen. Mit Berücksichtigung des Sprachgebrauchs des Schulministeriums NRW hat sich die Fachschaft für die Bezeichnung Geographie entschieden.
Geographieunterricht am WBK Siegen
Schwerpunktmäßig findet der Geographieunterricht im Bildungsgang Kolleg statt. In der Einführungsphase wird Geographie als zwei- bis dreistündiger Kurs angeboten. Bei Fortführung von Geographie als dreistündigem Grundkurs in der Qualifikationsphase kann es auch als Abiturfach gewählt werden.
Schwerpunkte der Geographieunterrichts
Im Fokus der geographischen Arbeit steht die Analyse von Räumen: Wie wirken Naturfaktoren auf einen Raum, sodass er ein charakteristisches Erscheinungsbild ausprägt? Welche Möglichkeiten bietet dieser Raum den Menschen für eine wirtschaftliche Nutzung? Wie verändert sich der Raum infolge der Nutzung durch den Menschen? Und schließlich gehen wir der Frage nach, wie unser Handeln gestaltet sein sollte, damit die verschiedenen Räume der Erde langfristig erhalten bleiben.
Fachschaft Erziehungswissenschaft
„Wir sollten Achtung haben vor den Geheimnissen und Schwankungen der schweren Arbeit des Wachsens.“
(Janusz Korczak)
Wir laden Sie im Fach Erziehungswissenschaft (älterer Begriff „Pädagogik“) ein, mit uns auf Entdeckungsreise zu gehen und gerade diese „Geheimnisse“ und „Schwankungen“ erzieherischer Arbeit zu erkunden.
Das Fach Erziehungswissenschaft als Teil des gesellschaftlichen Aufgabenfeldes wird in sechs Semestern am Kolleg (Einführungs- und Qualifikationsphase) unterrichtet. Und teilweise im Wahlpflichtbereich der Realschule.
In dieser Zeit können Sie mit uns theoretisch und praktisch das Feld der Erziehungs- und Bildungstheorien ausleuchten und das Aufwachsen von Menschen ganzheitlich in den Blick nehmen. Dabei stehen Möglichkeiten und Konsequenzen pädagogischer Arbeit im Mittelpunkt des Faches.
In der Einführungsphase erlernen Sie zentrale Grundlagen pädagogischen Handelns durch „Erziehungs- und Bildungsprozesse“, in der Qualifikationsphase beschäftigen wir uns vorrangig mit der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unter dem Aspekt „Identitätsentwicklung“, Sozialisation und Bildungsaspekten, auch in historischen, kulturellen und sozialen Kontexten.
Die Besonderheit des Faches besteht im unmittelbaren Lebensweltbezug unserer Studierenden und macht damit das Fach so erlebnis- und praxisnah. Das Fach bleibt auch vielseitig, weil pädagogische Themen mithilfe von Nachbarwissenschaften geklärt werden und damit auch unter anderem soziologische, psychologische und philosophische Perspektiven mit einfließen.
Erfahren Sie das Fach Erziehungswissenschaft als Möglichkeit gerade sich selbst zu entdecken, den eigenen Lebenslauf zu verstehen und Möglichkeiten zu erfahren, die eigene Handlungsfähigkeit und nachhaltige Entwicklungsprozesse für die Zukunft positiv zu gestalten.
Wir freuen uns auf Sie!
Fachschaft Philosophie
Philosophie
Dieses Fach besteht aus einer Kollegin, und balanciert das mit thematischer Breite und Vielfalt. Sie können das Fach in der Einführungsphase der Oberstufe im Vormittagsbereich am Standort Siegen kennen und lieben lernen, denn wir können das Fach zwar (im Moment) nicht als Abiturfach anbieten, aber hoffentlich gemeinsam etwas aus dem Leben ins Fach und für unser Leben aus dem Fach mitnehmen. Philosophie ist gar nicht so lebensfern wie man es sich vielleicht immer vorgestellt hat.
In der Einführungsphase beschäftigen wir uns zunächst mit dem Selbstverständnis des Faches – also den Fragen: Was ist Philosophie? Wo kommt sie her, wo will sie hin? Wir stellen alles in Frage und selbst das, stellen wir in Frage.
Es wird dann etwas Handfester mit dem Bereich der Ethik: Was sind gute Handlungen? Was macht eine Handlung gut? Aber natürlich – es ist Philosophie – werden wir auch die Einteilung in Gut und Böse in Frage stellen.
Das Gute ist, da wir immer nur „normale Schulstunden“ haben, können wir uns nicht in den kompletten philosophischen Wahnsinn begeben, aber wir können uns diesen vom sicheren Beckenrand ansehen. Und im besten Falle können Sie am Ende schwimmen und werden den Sprung ins Becken sicher wagen.
Thematisch wird in der Einführungsphase der Tod aus allen möglichen und auch religiösen Perspektiven betrachtet, aber auch Antworten auf die Frage „Was ist der Mensch?“ werden wir uns anschauen. Wir werden hier v.a. auf den Unterschied Mensch und Tier eingehen.
Wenn genug von Ihnen die Einführungsphase in Philosophie belegen und darüber hinaus Interesse am Fach haben, können wir in der Qualifikationsphase noch ganz andere Themen gemeinsam betrachten:
Was ist das gute Leben? Was bedeutet Glück? Wie kann man gut zusammen (in einem Staat) leben?
Wie funktioniert Erkenntnis? Kann ich sicher etwas wissen?
Warum sind nur Philosophen für das Zentralabitur vorgegeben? Gibt es keine Philosoph*innen?
Wir können dabei auch gut auf Ihre Interessen eingehen, d.h. Sie können Ihre eigenen Themen und Fragen mitbringen und wir werden hoffentlich zumindest vorläufige Antworten finden.
Warnung:
- Wir werden viele und lange Texte lesen, das lässt sich nicht vermeiden und wird in Philosophie immer dazugehören. [Die viele und genaue Textarbeit wird Sie dafür aber in anderen Fächern weiterbringen.]
- Wir werden gegensätzliche Meinungen lesen, hören, sachlich untersuchen, und aushalten müssen.
- Was in Philosophie passiert, kann längerfristige Veränderungen verursachen.
- Denken kann/muss wehtun.
Fachschaft Biologie
Die Biologie ist eine Naturwissenschaft
Und das ist wörtlich zu nehmen: Die Biologie ist eine Wissenschaft, die sich mit der Natur im weitesten Sinne befasst, und konkret, mit allem, das als lebendig gilt. Im schulischen Kontext betreiben wir zwar keine Wissenschaft im engeren Sinn, aber wir setzen uns damit auseinander, wie wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden und welcher biologische
Wissensstand derzeit als nachgewiesen gilt.
Biologieunterricht am WBK Siegen
Biologie als Unterrichtsfach ist in den Bildungsgängen des Kollegs und des Abendgymnasiums im Stundenplan verankert. Im Bereich der Abendrealschule findet entweder eigenständiger Biologieunterricht statt oder die Biologie ist integrierter Bestandteil des Faches Naturwissenschaft (zusammen mit den Fächern Chemie und Physik). In der Einführungsphase von Abendgymnasium und Kolleg wird Biologie als zwei- bis dreistündiger Kurs angeboten. Bei Fortführung von Biologie als dreistündigem Grundkurs in der Qualifikationsphase kann es auch als Abiturfach gewählt werden. Je nach Kurswahl unserer Studierenden kann Biologie auch als Leistungskurs stattfinden.
Schwerpunkte der Biologieunterrichts
Konkretisierte inhaltliche Schwerpunkte in den verschiedenen Jahrgängen der Bildungsgänge finden Sie in den Kurzfassungen unseres schulinternen Curriculums (Link). Grundsätzlich rücken in der Biologie verschiedene Themengebiete auf unterschiedlichen Betrachtungsebenen in den Fokus. Hier nur einige Beispiele: Um zu verstehen, wie unserer Nervensystem Informationen verarbeitet, sind grundlegende Kenntnisse zum Zellaufbau erforderlich. Wie ist eine Nervenzelle aufgebaut? Was kann sie leisten? Was passiert, wenn sie ihre Leistungsfähigkeit verliert? Aus dem Blickwinkel der Evolution sind die Veränderungen des Nervensystems entscheidend für den Prozess der Selektion und damit für Fortpflanzungs- und Überlebensvorteile. Welche Veränderungen erfuhren die Vorfahren des Homo sapiens, die ihn schließlich – aus evolutionsbiologischer Sicht – so erfolgreich
machten?
Wir unterrichten alle mit sehr viel Begeisterung das Fach Biologie und hoffen, Sie ein wenig anstecken zu können.
Fachschaft Latein
Eine ganze Reihe der heutigen Sprachen ist aus dem Lateinischen hervorgegangen, so z.B. Italienisch, Französisch und Spanisch; außerdem ist es Basis für mehr als die Hälfte des englischen Wortschatzes (z.B. to receive, caution, education, entrance, secret). Lateinkenntnisse können somit beim Erlernen moderner Fremdsprachen eine große Hilfe sein.
Das Lateinische begegnet uns ferner in vielen deutschen Lehn- und Fremdwörtern: So geht beispielsweise der Begriff Computer auf lat. computare („berechnen“) zurück. Solche Wörter finden sich in den verschiedensten Bereichen, wie unter anderem der Medizin (z.B. Fraktur, Kur, Ambulanz), der Politik und Gesellschaft (z.B. Demonstration, Kommunismus, Exekutive, Ministerium), der Wirtschaft (z.B. Konjunktur), des Rechts (z.B. Jura, legal) und der Mathematik (z.B. Addition, Subtrahend, Integral). Lateinkenntnisse helfen hier, entweder den Sinn unbekannter Begriffe zu erschließen oder aber bereits bekannte Ausdrücke genauer zu verstehen.
Ein Beispiel für ein Wort, dessen Bedeutung sich näher zu betrachten lohnt, ist das Verb irritieren: Es wird oft im Sinne von „verwirren, unsicher machen“ verwendet. In seiner eigentlichen Bedeutung heißt es jedoch reizen (lat. irritare). Hautirritationen bezeichnen somit keine „Verwirrungen“ der Haut, sondern Hautreizungen. Ein anderes Beispiel ist der Begriff absolut, den wir oft als Synonym für „ganz, vollkommen“ benutzen (so z.B. in „absolut richtig“). Ursprünglich bedeutet das Wort jedoch losgelöst (lat. absolutus), und genau in diesem Sinn versteht sich der Begriff Absolutismus: Ein absolutistischer Herrscher übt seine Macht losgelöst von Gesetzen und anderen Beschränkungen aus.
Erwähnenswert bleibt abschließend, dass neben den Lehn- und Fremdwörtern auch einige Produktnamen bzw. Begriffe aus der Werbung mit dem Lateinischen in Verbindung stehen, wie etwa Audi, Nivea-Creme, Deodorant oder Videorekorder.
Das Römische Reich hat seine Spuren in ganz Europa hinterlassen. Auch die deutsche Kultur ist davon geprägt. Im Lateinunterricht kann solchen Zusammenhängen nachgegangen werden, wie etwa den Beziehungen zwischen dem römischen und deutschen Rechtssystem. Die Geschichte des Christentums kann näher beleuchtet werden im Zusammenhang mit seiner Ausbreitung im Römischen Reich. Im Bereich der Architektur lassen sich viele Bezüge zwischen Antike und Moderne herstellen; man vergleiche z.B. die Triumphbögen der Römer mit dem im 19.Jh. entstandenen Arc de Triomphe in Paris oder antike Markthallen (sog. Basiliken) mit den Bauformen von Kirchen. Auch die römische Literatur hat einen großen Einfluss ausgeübt: Schriftsteller späterer Zeiten haben antike Themen aufgegriffen (z.B. Shakespeare in seinem Drama Julius Cesar) und sich von den Motiven der antiken Literatur inspirieren lassen. Römische Sagen wie z.B. die tragische Liebesgeschichte von Dido und Aeneas sind in Literatur, Theater und Malerei verarbeitet worden.
Im Mittelpunkt des Lateinunterrichts steht die Textübersetzung. Wegen der großen zeitlichen Distanz zwischen Antike und Moderne verschaffen uns die Texte oft ein Kontrasterlebnis: Dieses lässt zum einen klar erkennen, was sich im Laufe der Jahrhunderte geändert hat, und zeigt zum anderen in teils erstaunlicher Weise, welche Ideen, Nöte, Ansichten oder Interessen die Menschen schon damals bewegt haben, gewissermaßen also zeitlose menschliche Phänomene darstellen (sog. anthropologische Konstanten). Der Lektüreunterricht liefert somit einen nicht zu unterschätzenden Beitrag für ein vertieftes Gegenwartsverständnis.
Zu obigen Gründen kommt als rein formaler Aspekt hinzu, dass das Latinum als Studienvoraussetzung nach wie vor in einigen Fächern verlangt wird. Der Lateinunterricht am WBK Siegen führt zwar nicht bis zum Latinum, er vermittelt aber Basiskenntnisse, mit denen man später an der Universität Kurse zum Latinumserwerb wesentlich leichter absolvieren kann, als wenn man bei null anfangen muss.
Rein technisch gesehen unterscheidet sich der Lateinunterricht von dem der modernen Fremdsprachen vor allem in folgenden Hinsichten:
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Es wird keine aktive Sprachbeherrschung verlangt; Texte werden stets vom Lateinischen ins Deutsche übersetzt.
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Lateinische Sätze sind oft nicht auf den ersten Blick zu verstehen, sondern werden durch systematisches Auffinden von Satzteilen entschlüsselt; dabei ist vor allem auf die Wortendungen zu achten.
Zur Erläuterung des zweiten Aspekts seien folgende Beispiele betrachtet:
1. |
amicus amicum
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der Freund den Freund |
Wie man sieht, gibt es keine Artikel im Lateinischen. Je nach Zusammenhang kann amicus daher der Freund, ein Freund oder einfach Freund heißen.
Den Fall eines Substantivs erkennt man an seiner Endung. So ist z.B. die Form amicus ein Nominativ (der Freund), amicum ein Akkusativ (den Freund) und amici ein Genitiv (des Freundes).
2. |
Marcus amicum videt.
Amicum salutat.
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Marcus sieht einen Freund.
Er begrüßt den Freund. |
Der erste Satz hat ein sichtbares Subjekt (Marcus). Der zweite Satz dagegen zeigt, dass das Subjekt (hier: er) nicht als eigenes Wort im lateinischen Text vorkommen muss, sondern im Verb (salutat) mit enthalten sein kann. Die Endung –t von salutat drückt dabei die 3.Person Singular aus (hier: er).
3.
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Librum lego.
Librum legis.
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Ich lese ein Buch.
Du liest ein Buch. |
Wie die beiden Beispiele zeigen, können auch andere Personen allein durch die Verbendung angezeigt werden: lego bedeutet ich lese, legis heißt du liest usw. Personalpronomen gibt es zwar im Lateinischen (z.B. ego = ich, tu = du), werden aber oft nicht benutzt.
Insgesamt betrachtet ist das Erlernen des Lateinischen weder schwerer noch einfacher als das moderner Fremdsprachen, sondern einfach anders: Es wird keine aktive Sprachbeherrschung verlangt, dafür aber die Bereitschaft, Sätze vor der Übersetzung genauer zu untersuchen.
Das bei der Übersetzungstätigkeit erlernte grammatische Wissen und die dabei erworbenen Strategien lassen sich nicht nur für das Lateinische selbst nutzen, sondern dienen auch dazu, die sprachlichen Strukturen des Deutschen und anderer moderner Sprachen genauer zu verstehen; nicht selten ist nämlich deren Aufbau durch das Lateinische beeinflusst worden (vgl. Partizipialkonstruktionen, Gebrauch des Konjunktivs etc.).
Abschließend sei erwähnt, dass das Formulieren des deutschen Übersetzungstextes die Ausdrucksfähigkeiten in der Muttersprache fördert: Die Tatsache, dass die Bedeutungen lateinischer und deutscher Vokabeln nicht immer einander genau entsprechen, bietet Anlass, über treffende Übersetzungen nachzudenken; auch das Formulieren von Satzgefügen ohne Stellungsfehler ist eine über den Lateinunterricht hinaus lohnenswerte Übung.
Weitere Informationen zum Fach Latein finden Sie auf der Homepage des Deutschen Altphilologenverbandes:
https://www.altphilologenverband.de/index.php/latein-25